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Marcus Rohwetter (DIE ZEIT): Vorsicht vor üblen Tricks

31. März 2009 | Autor: Gastblogger | 2 Kommentare Artikel drucken

Ein weiterer Gastbeitrag von Marcus Rohwetter, Wirtschaftsredakteur (DIE ZEIT)

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Marcus Rohwetter (DIE ZEIT); Foto: Nicole Sturz

Je nach Standpunkt bedeutet Litigation-PR eine Chance oder Bedrohung. Die Position der Gerichte hat BGH-Präsident Klaus Tolksdorf vor kurzem wiedergegeben, als er von einem „Sturmangriff“ sprach und davor warnte, „über die Medien Einfluss und Druck auf Richter auszuüben“. Sein Aufruf galt indirekt auch den Medien – die selbstverständlich aufpassen müssen, sich nicht vor fremde Karren spannen zu lassen. Aber keine Sorge: Zumindest die Qualitätsmedien haben eine gewisse Erfahrung darin, Manipulationsversuche zu erkennen und abzuwehren.

Viel spannender ist allerdings die Frage, wie sich Litigation-PR mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts vereinbaren lässt.

Der Rechtsanwalt ist der erste Ansprechpartner seines Mandanten – und wenn sich Litigation-PR auf dem Beratungsmarkt durchsetzen sollte, dann als Komplettangebot inklusive der juristischen Beratung. Sie wird interessant, sobald der drohende Reputationsverlust ökonomisch gesehen schädlicher zu werden droht als jedes nur mögliche Gerichtsurteil. Beide Beratungsformen unabgestimmt nebeneinander her laufen zu lassen, wäre aus Sicht des Mandanten wirkungslos oder sogar kontraproduktiv. Insofern dürften einige größere Kanzleien bald entsprechende Dienstleistungen anbieten oder vermitteln.

Damit wandelt sich das Bild des Anwalts weiter. Einen „schleichenden Paradigmenwechsel“ haben Rolf Stürner und Jens Bormann (NJW 2004, 1481 ff ) schon vor einigen Jahren attestiert, weil sich das Berufsverständnis mit der zunehmenden Kommerzialisierung des Berufsstands ändere. Es entferne sich vom Ideal des unabhängigen Organs der Rechtspflege und sei zunehmend vom anglo-amerikanischen Selbstverständnis geprägt, bei dem es sehr viel stärker auf die einseitige Wahrnehmung der Interessen der Mandanten und somit letztlich auf die eigene Gewinnmaximierung ankomme.

Spätestens auf dem Feld der Litigtion-PR wird das zum Problem. Natürlich dürfen sich Anwälte öffentlich äußern, wenn es den Interessen ihrer Mandanten dient. Aber dürfen sie – als Organe der Rechtspflege – auch lügen? Und wäre dann nicht die Schwelle der unzulässigen Beeinflussung der Gerichte überschritten, vor der BGH-Präsident Tolksdorf und andere warnen? Die Erfahrungen im journalistischen Alltag zeigen, dass PR-Strategen ein sehr flexibles Verständnis von Wahrheit und Fairness haben. Lügen und schmutzige Tricks sind Teil des PR-Handwerks. Teilweise versuchen die Berater auch, sich Journalisten dadurch gefügig zu machen, indem sie ihren Verlegern gegenüber mit Anzeigenboykott drohen.

Man könnte so etwas als versuchte Nötigung auffassen oder als Angriff auf die Pressefreiheit – aber sie dürfen nicht von Organen der Rechtspflege ausgehen. Auch nicht, wenn diese pro forma externe Berater hinzuziehen. Einzig durch Aufrichtigkeit lässt sich dieses Problem beseitigen, doch damit werden sich eine Reihe von PR-Spezialisten sicher nicht leicht tun. Schon aus eigenem Interesse sollten Anwälte daher sehr genau hinschauen, mit wem sie sich möglicherweise einlassen. Sonst könnte sich auch die beste Litigation-PR für den Mandanten als schlechte PR in eigener Sache erweisen.

Über Marcus Rohwetter

Marcus Rohwetter ist Wirtschaftsredakteur bei der Wochenzeitung DIE ZEIT und zurzeit in Elternzeit. Er studierte Rechtswissenschaft in Bielefeld und arbeitete als freier Journalist für die Justizredaktion des ZDF. Bevor er im Jahre 2000 zur ZEIT nach Hamburg kam, besuchte er die Georg von Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten in Düsseldorf. Marcus Rohwetter wurde 2005 mit dem Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus und 2003 mit dem Ludwig-Erhard-Förderpreis für Wirtschaftspublizistik ausgezeichnet.

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Kommentare

2 Kommentare zu “Marcus Rohwetter (DIE ZEIT): Vorsicht vor üblen Tricks”

  1. Jens Nordlohne
    März 31st, 2009 @ 12:14

    „PR-Experten“, für die „Lügen und schmutzige Tricks“ zum Handwerk gehören, sind nicht nur falsche Berater im Falle einer prozessbegleitenden Kommunikation, sondern prinzipiell eine Fehlbesetzung im Kommunikationsgeschäft. Aber es stimmt, Anwälte sollten sich genau ansehen, mit wem sie sich zusammentun. Ein Trend zeichnet sich (leider) ab: Litigation-PR findet vermehrt Einzug in den Bauchladen von Public Relations Agenturen, die von der Produkt-Pressemitteilung bis zur Konfektionierung von Giveaways alles anbieten. Ich glaube jedoch, dass es für diese Kommunikationsdisziplin besonderer Erfahrung bedarf. Und wenn diese mit anwaltlicher Qualität einhergeht, ist das ein Vorteil für den Mandanten.

  2. Daniele Castelnuovo
    Oktober 24th, 2010 @ 18:25

    Deinen Artikel in der Zeit von diesen Woche habe ich mit grossem Vergnuegen gelesen. Zufallig besitze ich ein paar Oel Aktien und z.B. bei Schell zahle zweimal Dividendesteur, namlich in England und in Italien. MfG, Daniele

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