Manipulation im Gerichtssaal
22. September 2010 | Autor: Jens Nordlohne | 1 Kommentar Artikel drucken
…unter dieser Headline hat die FAZ das Thema Litigation-PR beleuchtet. Erhellt hat sie allerdings eher wenig. Die Geschichte ist klassisch zusammengestrickt: Man nehme einen Fall als „Aufhänger“:
„(…) das Bundesarbeitsgericht hat ihr ihren Job zurückgegeben. Den hatte die Kassiererin Barbara Emme – genannt Emmely – verloren, weil sie zwei Pfandbons unterschlagen (…) hatte. (…)Ein hohes Gericht lässt sich durch öffentliche Stimmungsmache beeindrucken.“
Dazu die These:
„Wer allein an die objektive Nüchternheit der Richter glaubt, unbeirrt Recht und Gesetz verpflichtet, unterschätzt die Spin-Doktoren. Das sind die Profis der Meinungsmache, sie kämpfen im Dienst von Verdi, Verbraucherschützern, von Unternehmen oder von ganz normalen Leuten, vorausgesetzt, die Bezahlung ist geregelt.“
Dann noch einen Protagonisten, der vermeintlich der These das Wort redet:
„Litigation PR bedeutet, die Wahrnehmung über einen Prozess oder Disput im besten Sinne des Kunden zu prägen.“
Und schon haben wir das Ergebnis:
„Manipulation im Gerichtssaal.“
Die Realität sieht anders aus. Das wurde deutlich sowohl auf dem 1. Deutschen Litigation-PR-Tag – als auch auf der Münchner Litigation-PR-Tagung, die in der vergangenen Woche in Zusammenarbeit mit der macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation stattfand. Ja, es gibt Beispiele für den Versuch, die Gerichte zu beeinflussen. Diese sind jedoch größtenteils gescheitert. Siehe Falk/Tiedje. Litigation-PR, so wie es die spezialisierten, seriösen Berater verstehen, verfolgt die Ziele, die sich an „Fitzpatrick`s Objectives“ orientieren. Das hat mit der Berichterstattung rund um Emily nichts zu tun. Diese Art Medienarbeit trägt größtenteils die aggressive Handschrift der Gewerkschafts-Kommunikationsprofis, für die ein solcher Fall ein gefundenes Fressen für eine aufmerksamkeitsstarke Kampagne darstellt. Allerdings nicht für Barbara Emme, sondern für die Gewerkschaft selbst. Frau Emme ist hierbei nur Mittel zum Zweck und könnte sich ohnehin den „vierstelligen Tagessatz“ eines Beraters – wie ihn die FAZ vermutet – nicht leisten. Die Autorin weist ja auch selbst am Ende des Artikels darauf hin, dass es wohl keine Berater waren, die da eine strategische Kommunikation für die Kassiererin ersonnen haben. Der geneigte Leser fragt sich spätestens jetzt, was dieses Beispiel ihm denn dann sagen soll.
Kaum glauben kann man das Zitat von Herrn Güttler, Chef des Branchenverbands GPRA. Sollte er tatsächlich in einem Atemzug gesagt haben, dass Litigation-PR „längst zum Portfolio (…) seriöser Agenturen gehört“, und es jetzt (von eben jenen seriösen Agenturen?!) vermehrt Kommunikationsstrategien gibt, die auf Gerichte und Staatsanwaltschaften abzielen? Wenn dem so ist, gibt es dafür nur eine Erklärungen: Die von Herrn Güttler erwähnten Agenturen bieten eine Dienstleistung an, die sie nicht verstehen – was prinzipiell unseriös ist.
Allerdings fiel eines auf den bislang stattgefundenen Fachtagungen rund um das Thema Litigation-PR tatsächlich (negativ) auf: Unter vielen PR-Agenturen scheint sich der Trend zu verbreiten, mit Hilfe des „Produkts“ Litigation-PR ihren Bauchladen der Kommunikationsdienstleistungen erweitern zu wollen. Dass sie dieses Angebot aufgrund der facettenreichen Herausforderungen und des nötigen Knowhows vielleicht nicht immer offerieren sollten, steht auf einem anderen Blatt – oder hoffentlich bald in der FAZ.
Kommentare
Ein Kommentar zu “Manipulation im Gerichtssaal”
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September 23rd, 2010 @ 09:06
Vielen Dank für diese Klarstellung.