Wenn du nur geschwiegen hättest…
18. Juli 2011 | Autor: Dr. Per Christiansen | 1 Kommentar Artikel drucken
Litigation-PR ist dann besonders gut und wirksam, wenn sie nicht zu sehen oder zu merken ist. Dieser Satz, der von Boehme-Neßler stammt, könnte wahrer nicht sein.
„Kachelmann kämpft gegen Leser-Kommentare“ titelt Legal Tribune Online. Ein Paradebeispiel für die Situation, in der Litigation-PR nicht nur sichtbar, sondern sogar Gegenstand einer eigenen Berichterstattung wird. In dem Bericht geht es um Verfahren, mit denen die Anwälte von Jörg Kachelmann missliebige Äußerungen aus dem Internet zu entfernen versuchen. Ist dem Betroffenen und seiner Reputation wirklich gedient, wenn er medial als jemand dargestellt wird, der Kommentare von Nutzern im Internet „unterdrücken und zensieren“ möchte? Es sollte sich herumgesprochen haben, dass Foren und soziale Medien äußerst sensibel auf Beeinflussungsversuche reagieren. Kommunikativ sollte man abwägen, ob es nicht besser ist, bestimmte Äußerungen in solchen Medien einfach hinzunehmen, weil sie ohnehin nicht mehr gelesen werden und in dem unendlichen Datenstrom weiterer belangloser Kommentare für immer vergraben werden.
Betroffenen kann man nur raten, den eigenen Anwälten keine freie Hand bei der Beseitigung von unerwünschten Äußerungen zu lassen, sondern sich die Genehmigung jeden neuen Schrittes unter Einbeziehung der Kommunikatoren vorzubehalten. Ansonsten haben Anwälte den Anreiz, mit Suchmaschinen immer neue Fälle aufzutun und gesondert abzurechnen. Solche Gelddruckmaschinen zahlen im Ergebnis zwar normalerweise die Gegner, jedoch können die kommunikativen Belange des Betroffenen dann leicht aus dem Fokus geraten.
Kommentare
Ein Kommentar zu “Wenn du nur geschwiegen hättest…”
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Juli 18th, 2011 @ 14:36
„Ist dem Betroffenen und seiner Reputation wirklich gedient, wenn er medial als jemand dargestellt wird, der Kommentare von Nutzern im Internet “unterdrücken und zensieren” möchte?“
Die Nebenklägerin und ihr Anwalt scheinen sich diese Frage auch gestellt und ganz anders beantwortet zu haben als Herr Kachelmann und seine Anwälte.
Dabei sind im Internet – insbesondere auf Facebook – weitaus schwerwiegendere Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu Lasten der Nebenklägerin veröffentlicht worden als alles, worüber sich Herr Kachelmann beschweren könnte.
Da Facebook auf Verstoßmeldungen gegen rechtswidrige Beiträge auf dortigen Blogs grundsätzlich nicht reagiert, wenn es sich um Seiten mit hohen Leserzahlen handelt, die für die Werbeeinnahmen wichtig sind, ist nach meiner Rechtsauffassung hier sogar ein besonderes öffentliches Interesse gegeben, auch ohne Strafantrag der Nebenklägerin gegen diese Hetzer zu ermitteln.
Ich fürchte allerdings, dass sich kein Staatsanwalt ohne Not diese Arbeit machen wird.
Wenn man – wie meine Wenigkeit – als im Internet schreibender „Sympathisant“ der Nebenklägerin gleich mitbeleidigt wird und Anzeige erstattet, wird man jedenfalls auf den Privatklageweg verwiesen.
Angesichts der Tatsache, dass Facebook den „ordre public“ aller Länder als Dreck unter den Schuhen des großen Zuckerberg ansieht und dem eigenen Profit jede Art von Recht unterordnet, halte ich das für einen ganz traurigen Auftritt der StA.
Ich werde werde die öffentliche Ordnung jedenfalls nicht mit meinem Geld verteidigen, wenn sie den Staatsorganen nichts wert ist.